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Interview mit Malpractice (31.05.2008)

Malpractice

MALPRACTICE haben mit ihrem dritten Album “Triangular” einen feinen beinahe-Anachronismus eingespielt. Mittlere Fates Warning geben das Stichwort zum Prog Metal, wie er während des Alternative-Booms von vielen Bands gespielt wurde, die sich in der den Metal generell schmähenden Zeit schwer taten, aber ungebeugt zeigten. Dem ganzen verabreichen die Finnen eine Produktion und spielerische Frische, die der Band zur Modernität gereicht. Es spricht: Joonas Koto.

Queensryche, Megadeth und Dream Theater sind die Koordinaten, die euren Sound angemessen beschreiben sollen. Ich würde da noch Fates Warning nennen, die euch offenbar sehr stark beeinflusst haben, also raus damit: Wie nahe liegt die Band euch am Herzen?

Fates Warning sind für mich persönlich die geilste Band aller Zeiten! Ich habe MALPRACTICE immer schon näher an Acts wie sie oder Queensryche angelehnt gesehen und weniger an Dream Theater. Muss wohl an den doppelten Gitarren liegen, auf die ich einfach besonders stehe. Die älteren Fates-Warning-Scheiben sind nicht so sehr mein Fall, aber mit Ray Alder sind sie zu einer meiner Lieblingsbands aufgestiegen, wobei gerade “Parallels” mir besonders wichtig ist. Du hast schlicht die vier Gruppen genannt, die ich mir üblicherweise anhöre, um mich inspirieren zu lassen. Hoffentlich ist das nicht zu offensichtlich, wenn man sich uns anhört…

Wie erklärst du dir, dass “Triangular” in einer Zeitschrift wie dem deutschen Rock Hard quasi verrissen worden ist, die eigentlich ziemlich was für euren Sound übrig hat?

Viele Leute checken unser neues Album einfach nicht, wie mir aufgefallen ist. Das ist ihr Problem, aber wer die Scheibe versteht, der ist auch von ihr begeistert. Reviews sind ja immer Ausdruck subjektiver Meinungen, und die sind wie Arschritzen - jeder hat eine. Ich finde es auch besser, wenn man mit einem Album gute und schlechte Kritiken provoziert. Wenn jeder deine Musik nur okay findet, dann hast du dein Anliegen nicht richtig rübergebracht. Ein Okay bedeutet, dass du auf Nummer sicher gegangen bist und Langeweile verbreitest.

Was bedeutet euch der Chart-Erfolg mit dem 36. Platz zu Hause in Finnland? Andere harte Bands sind ja sogar noch erfolgreicher bei euch…

MalpracticeDas zeigt nur, dass wir im Vorfeld unsere Promoarbeit gründlich getan haben dieses Mal, auch wenn’s schon eine kleine Überraschung war. Es ist aber auch in Finnland viel einfacher als in anderen europäischen Ländern, in den Charts zu landen. Gerade im Moment sind die Finnen ein komplett durchgeknallter Haufen Metalfans. Heute schlägt fast jede halbwegs bekannte Band in die Charts ein.

Bei der spärlichen Berichterstattung hier über euch schätze ich, dass eine Deutschland-Tour wohl eher nicht drin ist, oder?

Wenn wir niemanden finden, der sich unseres Managements annimmt, dann spielen wir nicht bei euch… Spinefarm hat nicht die Aufgabe, Euro-Tourneen für uns zu buchen, und uns selbst fehlen die nötigen Connections, um eine auf die Beine zu stellen. Durch Europa zu ziehen ist aber für das nächste Jahr eines unserer erklärten Ziele.

Was steckt hinter dem Titelstück des Albums? Was wollt ihr hier ohne Worte ausdrücken, und wieso braucht ihr dazu keine menschliche Stimme? Rush sind mir in den Sinn gekommen: die Zahl Drei, die Band in Trioformation und ihre Vorliebe für eine diesem Song ähnliche musikalische Durchdachtheit…

Es hat sich einfach als Instrumentalstück ergeben, und Vocals hatte ich nie darin vorgesehen. Wir hatten ja auch gerade gar keinen Sänger, als es geschrieben wurde. Am Ende habe ich bemerkt, dass kein Platz für eine Stimme in dem Song ist. “Triangular” zeigt nur eine Art und Weise, auf die wir die Grenzen auf dem neuen Album ausgelotet haben, und es gibt auch keinen Grund, nicht auch auf dem nächsten Longplayer ein gesangsfreies Stück zu bringen. Der Titel kommt von dem Dreieck, dass man auf dem Cover sieht und das auch von Beginn der Band an unser Logo ist. Übrigens bezieht sich der Name darauf, dass es sich um unsere dritte Scheibe handelt, obwohl die erste - “Of Shape And Balance” von 1998 gar nicht außerhalb Finnlands vertrieben wurde. Lass mich jetzt nicht mit Rush anfangen, denn ich bin schon ihr Fan seit meinem neunten Lebensjahr.

Sogenannte progressive Bands stehen auf Konzeptalben - hat das auch auf eurer neuen Platte Spuren hinterlassen? Erzähl mir in jedem Fall was über die Texte, die wohl prog-gemäß tiefgründig oder zumindest emotional ausgefallen sind…

Es gibt kein übergreifendes Thema auf “Triangular”. Jeder Song erzählt eine andere, eigenständige Story. “Maze Of Inequity” und “Symmetry” drehen sich mehr oder weniger um den Kampf des Einzelnen, den Erwartungen seines Umfelds zu entsprechen, bei dem er immer wieder scheitert. “Deception” handelt von all den hinterfotzigen Leuten und Arschlöchern im Musikgeschäft, die mir über die Jahre hin übel mitgespielt haben. “Deadline” erzählt aus meinem eigenen Leben: ich bin immer spät dran, und Torschlusspanik ist dementsprechend auch mein Hauptantrieb bei allem, was ich tue. Die Kernidee zu “Platform” stammt eigentlich aus der britischen Fernsehserie “Sapphire and Steel”, und “Waves” stellt die Geschichte einer verlorenen Liebe dar. Sie ist im Meer verschwunden, und er betrachtet das Wasser und denkt über all die verpassten Möglichkeiten nach. “Fragments” schließlich behandelt eine geistig verunsicherte Person, die Traum und Wirklichkeit nicht mehr auseinanderhalten kann.

Andreas Schiffmann (Info)
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